Das Spiegelprinzip - Kapitel 16 - Die Werkzeugkiste zur Entfernung der Decke
Übersetzt von Franziska Bunkus, editiert von Jutta Deichsel
Kapitel 16 - Die Werkzeugkiste zur Entfernung der Decke
Im ersten Kapitel dieses Buches habe ich von dem Funken geschrieben, der meine Suche nach unserem himmlischen Vater entfachte. Die Tränen meines Vaters, als er so liebevoll von seinem Vater sprach, erweckten in mir das Prinzip der Zuneigung, das zwischen einem Vater und seinem Kind bestehen sollte. Durch die elterliche Beziehung sprach Gott zu mir von Seiner Liebe zu mir als Seinem Sohn.
In den Kapiteln zwei und drei wurde dieses Prinzip der Zuneigung und des Zartgefühls auf die Vertrautheit der Ehe und die Freuden der Vaterschaft ausgedehnt. Die Lieblichkeit und die freudige Sehnsucht, die im Idealfall zwischen Ehemann und Ehefrau bestehen, regen die Seele zum Nachdenken darüber an, wer den Rahmen für die Existenz eines solchen Zustandes geschaffen hat. Wie wir in Kapitel zwei festgestellt haben, ruft Gott durch die Institution der Ehe zu uns und sagt:
Wenn das geschieht, wirst du Mich deinen Mann nennen – sagt der HERR zu Israel – und nicht mehr deinen Baal. (oder „deinen Meister“) (Hosea 2,18 GN)
Wenn die Ehe in der Liebe Christi geschlossen wird, öffnet sich das Herz, um den Vater als einen zärtlichen, fürsorglichen und hingebungsvollen Ehemann zu erkennen, der immer an seine Braut denkt, vorausplant und für sie sorgt. In der ehelichen Liebe gibt es niemals den Gedanken, dass der Ehemann seine Frau umbringen könnte. Wo Tod zu befürchten ist, kann Liebe nicht existieren. Wenn ein Ehepaar gelobt, sich für immer zu lieben, dann beinhaltet dieses Gelöbnis keinerlei Gedanken an Zerstörung. Das Versprechen, „bis dass der Tod uns scheidet“, deutet keineswegs darauf hin, dass der Tod dadurch eintritt, dass der Ehemann seine Frau tötet. Solche Gedanken sind absurd.
Sicher, in dieser Welt töten Ehemänner ihre Frauen und Frauen ihre Männer, doch das geschieht außerhalb des Bereichs der Liebe, der Verbundenheit und Vertrautheit und ganz sicher außerhalb des Bereichs der Agape-Liebe Gottes und Seiner Gebote.
Kapitel drei ist das Gegenstück zu der Liebe, die mein Vater für seinen Vater empfunden hat. Jetzt, da ich selbst Vater bin, kann ich die Wahrheit dieser Worte verstehen:
Und eine Stimme aus dem Himmel sagte: »Dies ist Mein geliebter Sohn, über den Ich Mich von Herzen freue.« (englische NLT Übersetzung: „Dies ist Mein innig geliebter Sohn, der Mir große Freude bereitet.“) (Matthäus 3,17 HFA)
Die Freude, meine Söhne im Arm zu halten, macht den Gedanken unmöglich, dass ich sie eines Tages für ihr Fehlverhalten töten würde. Auch dieser Gedanke ist völlig absurd.
Kurz bevor Jesus diese Erde verließ, sagte Er diese wunderschönen Worte:
Jesus sagte: »Halte Mich nicht fest! Denn Ich bin noch nicht zu Meinem Vater in den Himmel zurückgekehrt. Geh aber zu Meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe zurück zu Meinem Vater und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott!« (Johannes 20,17 HFA)
Jesus sagt uns, dass Sein Vater unser Vater ist und dass Sein Gott unser Gott ist. Das bedeutet, dass jeder einzelne Mensch ein Kind Gottes ist und von Ihm zutiefst geliebt wird. Die Tatsache, dass Jesus uns lehrt, Ihn mit dem Namen „Vater“ anzusprechen, zeigt, wie wir Ihn sehen sollen. Kein Kind kann mit der Vorstellung aufblühen und gedeihen, dass sein Vater es jeden Moment für seine Fehler töten könnte. Wiederum, eine solche Ansicht ist völlig absurd.
Das Ziel der ersten drei Kapitel ist es, das erste Werkzeug für unseren Werkzeugkasten zu erhalten; das erste Prinzip, um die Wahrheit über unseren Vater zu finden. Die Liebe, die Vertrautheit, die Zärtlichkeit, die Freude und die Gemütsruhe, nach der wir uns alle sehnen und die es in einer Familie geben sollte, ist ein Fenster zum Charakter Gottes. Es ist das grundlegende Prinzip, um Ihn zu finden. Es ist der Funke, der die Flamme der Liebe in der Seele entzündet und sie in den Schoß des Vaters allen Lichtes zieht.
Viele Kinder haben keine Zärtlichkeit, Liebe und Freundlichkeit erfahren. Sie haben nur Verurteilung, Gewalt, Selbstschutz und Hass erlebt. Wie kann ein Kind, das diese Erfahrung gemacht hat, die Liebe begreifen, die zwischen Familienmitgliedern bestehen sollte?
Sehnt sich nicht jedes Kind, auch wenn es das nicht erlebt hat, danach, geliebt, umarmt und an die elterliche Brust gedrückt zu werden? Gibt es da nicht einen göttlichen Funken in der Seele, der jeden Menschen, der auf die Welt kommt, erleuchtet? Obwohl Satan versucht, die Hoffnungen der Kinder durch ihre bösen Eltern zu zerstören, streckt sich der Geist Christi doch nach jedem Kind aus und lädt es ein, nach einer Liebe zu suchen, die es nie mehr loslässt. Der Apostel Johannes sagt über Christus:
Das wahre Licht ist der, der in die Welt gekommen ist, um für alle Menschen das Licht zu bringen. (Johannes 1,9 HFA)
An jedem einzelnen Tag unseres Lebens ruft der Geist Gottes zu uns und lädt uns in Sein Familienkönigreich der Liebe und Zärtlichkeit ein. Wenn wir dem Geist Gottes nicht widerstreben, werden wir dahin geführt, das irdische Leben Jesu als die höchste Manifestation dessen zu betrachten, wie Gott ist.
Niemand kann zu Mir kommen, es sei denn, dass ihn der Vater zieht … (Johannes 6,44 Schlachter)
Unser Vater im Himmel zieht uns dahin, Seinen Sohn zu betrachten, der für uns die einzige Brücke zum Vater ist.
Jesus antwortete: »Ich bin der Weg, denn Ich bin die Wahrheit und das Leben. Einen anderen Weg zum Vater gibt es nicht.« (Johannes 14,6 GN)
Jesus Christus, wie Er in den Evangelien offenbart wird, ist das zweite und wichtigste Element in unserem Werkzeugkasten, um die Decke zu entfernen, die das Angesicht des Vaters vor uns verbirgt. Dieses Element haben wir in Kapitel fünf behandelt.
Ich habe Dich verherrlicht auf Erden; Ich habe das Werk vollendet, das Du mir gegeben hast, damit Ich es tun soll. Ich habe Deinen Namen (Charakter) den Menschen offenbar gemacht, die Du mir aus der Welt gegeben hast; sie waren Dein, und Du hast sie Mir gegeben, und sie haben Dein Wort bewahrt. (Johannes 17,4.6 Schlachter)
Für jedes Kind, das von seinen Eltern oder Bezugspersonen verstoßen, verletzt oder gebrochen wurde, bieten diese Worte wertvolle Hoffnung:
Gleichzeitig sprach eine Stimme vom Himmel: »Dies ist Mein geliebter Sohn, über den Ich Mich von Herzen freue.« (Matthäus 3,17 HFA)
… zum Lob der Herrlichkeit Seiner Gnade, mit der Er uns begnadigt (angenommen) hat in dem Geliebten. (Epheser 1,6 Schlachter)
Die Lichtstrahlen, die in Form einer Taube auf Jesus herabfielen, bezeugen den Segen und die Freude des Vaters über Seinen geliebten Sohn. Das ist die höchste Manifestation der Ausgießung des Heiligen Geistes. Die Worte des Vaters gelten für uns genauso gewiss wie für Ihn, denn Jesus sagte, dass Sein Vater auch unser Vater ist, und so empfangen auch wir die Ausgießung des Geistes des Vaters, wenn wir diesen Worten glauben. Wir erkennen in diesen Worten die Erfüllung des Psalms, in dem es heißt:
Wenn auch mein Vater und meine Mutter mich verlassen, so nimmt doch der HERR mich auf. (engl.: „so wird der Herr mich nah bei sich halten“) (Psalm 27,10 Schlachter)
In der Person von Jesus sehen wir direkt in das Angesicht des Vaters. Wenn Christus Kranke heilt, sich um die Armen kümmert und allen Menschen Hoffnung und Liebe verkündet, sehen wir den Vater. Jesus trat dem Unrecht liebevoll entgegen und nahm sanftmütig Verurteilung, Verfolgung und Tod durch Seine Feinde hin. In all dem offenbarte Er den Charakter Seines Vaters.
Es heißt bei euch: ›Liebe deinen Mitmenschen und hasse deinen Feind!‹ Doch Ich sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen! So erweist ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel. Denn Er lässt Seine Sonne für Böse wie für Gute aufgehen, und Er lässt es regnen für Fromme und Gottlose. (Matthäus 5,43-45 HFA)
Jesus hat nie jemanden getötet und damit die Wahrheit über den Charakter Seines Vaters offenbart, wie er in den Zehn Geboten beschrieben wird: „Du sollst nicht töten“.
Im Licht des Charakters Christi haben wir das großartigste Werkzeug, um die dunklen Aussagen des Alten Testaments zu durchdringen und das Angesicht unseres Vaters zu erkennen (2.Korinther 3,14).
In Kapitel vier entdeckten wir das dritte Werkzeug in unserem Werkzeugkasten, das der Frage auf den Grund geht, warum die Decke überhaupt da ist. Die Finsternis, die den Charakter unseres himmlischen Vaters umgibt, resultiert direkt aus den Lügen, die die menschliche Rasse von Satan angenommen hat. Als Adam die Frucht des Baumes nahm, erfasste er unwissentlich auch die Finsternis, die aus Satans Herzen strömte, und diese Finsternis wurde Adams Gefängnis, das ihn daran hinderte, den Weg zum Vater zu finden.
Es ist keiner, der verständig ist, der nach Gott fragt. Sie sind alle abgewichen, sie taugen alle zusammen nichts; da ist keiner, der Gutes tut, da ist auch nicht einer! (Römer 3,11.12 Schlachter)
… weil nämlich das Trachten des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist; denn es unterwirft sich dem Gesetz Gottes nicht, und kann es auch nicht. (Römer 8,7 Schlachter)
Diese Feindschaft gegen Gott war in Adams Herz verborgen. Die Angst vor dem Tod, die Adam nach dem Sündenfall ergriff, war eine Projektion seines unbewussten Wunsches, Gottes Sohn zu töten.[1]
Aber sie übertreten den Bund wie Adam; darin verachten sie Mich. (Hosea 6,7 Luther)
Unser Vater versucht, uns auf unterschiedliche Weise zu zeigen, wie tief diese Feindschaft in uns sitzt, wie wir in späteren Kapiteln noch entdecken werden.
Da unser Denken von Natur aus feindselig gegenüber Gott ist, besteht unsere Standardmethode, um mit Ihm umzugehen, darin, alles, was Er sagt, gegen Ihn zu verdrehen. Deshalb können wir das Alte Testament nicht wahrheitsgemäß lesen; wir werden es immer zu unserer Vernichtung verdrehen, solange wir nicht den Geist Christi in uns haben, der das Alte Testament erleuchtet, und wir es ohne die verfinsternde Decke lesen können. Der Apostel Petrus spricht dieses Thema hier an:
Er spricht in seinen (Paulus´) Briefen mehrfach darüber. Allerdings ist manches davon nur schwer zu verstehen. Und deshalb haben unverständige Leute, die im Glauben nicht gefestigt sind, vieles verdreht und verfälscht. So machen sie es ja auch mit den anderen Heiligen Schriften und stürzen sich damit selbst ins Verderben. (2.Petrus 3,16 HFA)
Es ist entscheidend für uns zu verstehen, dass es unmöglich ist, die Heilige Schrift ohne die Hilfe von Christus zu lesen. Jedes Mal, wenn wir sie lesen, werden wir zu einem falschen Verständnis gelangen, weil unsere Wege nicht Gottes Wege sind. Wenn wir dieses Prinzip anerkennen, werden wir Gott demütig darum bitten, uns die Wahrheit zu lehren.
In Kapitel sechs haben wir dieses Prinzip - wie leicht die Menschen die Bibel missverstehen - getestet, indem wir die Worte Jesu „Mein Gott, Mein Gott, warum hast du Mich verlassen“ untersucht haben. Nachdem wir Jesu Worte anerkannt haben, dass Er nie etwas von sich selbst gesagt hat, sondern nur das, was Sein Vater Ihm zu sagen gab (Johannes 12,49), haben wir festgestellt, dass Jesus eigentlich die jüdischen Führer ansprach und sie fragte, warum sie Seinen Vater verlassen haben. Diese Worte Christi sind das beste Beispiel dafür, wie leicht Menschen die Heilige Schrift nach ihrem Verständnis verdrehen.
Für uns ist es natürlich zu denken, dass Gott den Sünder dem Tod preisgibt. Das Christentum lehrt, dass Christus unseren Platz eingenommen und die Strafe erlitten hat, die wir verdient haben. Christus repräsentiert daher unser Verständnis davon, was Gott mit Sündern tut, die Er dem Tod preisgibt.
Die Möglichkeit, die Worte Christi auf zwei völlig unterschiedliche Arten zu lesen, führte uns in die Thematik der Kapitel sieben und acht ein. Im Angesicht Christi schauen wir in den Spiegel, der das Angesicht Gottes vollkommen widerspiegelt. Wenn wir nicht in das Angesicht Christi blicken, wird unser Lesen der Bibel nur unser natürliches Angesicht widerspiegeln. Die beiden Spiegel werden in diesen beiden Abschnitten beschrieben:
Wir alle aber, indem wir mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen wie in einem Spiegel, werden verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, nämlich vom Geist des Herrn. (2.Korinther 3,18 Schlachter)
Denn wer nur Hörer des Wortes ist und nicht Täter, der gleicht einem Mann, der sein natürliches Angesicht im Spiegel anschaut. (Jakobus 1,23 Schlachter)
Diese beiden Spiegel geben uns das vierte Werkzeug in die Hand, um die Decke der Finsternis zu entfernen. Wir haben dieses Prinzip dann in Kapitel neun anhand der Geschichte von der Sintflut erprobt. Wir wendeten das Prinzip an, indem wir Texte wie 1. Mose 6,7 direkt betrachteten, wo Gott sagte, dass Er die ganze Erde vernichten würde. Die Vorstellung, Gott würde die ganze Erde mit allen Lebewesen vernichten, widerspricht dem, was Jesus hier auf Erden offenbart hat. Der Blick in den Spiegel des Angesichts Jesu drängt uns, unsere ursprüngliche Auslegung von 1. Mose 6,7 zu hinterfragen. Wann immer Gott nicht in der Weise handelt, wie Jesus in den Evangelien offenbart wird, können wir sicher sein, dass wir uns selbst im Spiegel sehen.
Als wir weiter studierten, entdeckten wir die Wahrheit, die Gott zu Kain sprach: dass die Sünde die Erde verflucht und dass dieser Fluch auf den Sünder zurückfallen würde. Die Tatsache, dass die Gedanken der Menschen fortwährend nur böse waren, verderbte die Erde so sehr, dass sie schließlich unter dem Gewicht der menschlichen Sündhaftigkeit kollabierte. Wir erkennen also, dass die menschliche Sündhaftigkeit die Erde beschädigt, was zu Überschwemmungen, Feuer, Erdbeben und Stürmen führt. Hier finden wir unser fünftes Werkzeug. Deshalb sagte Gott: „Ich will sie mit der Erde verderben“, was richtig verstanden bedeutet, dass Gott die Erde nicht daran hindern würde, die gesamte Menschheit zu vernichten, mit Ausnahme derer, die in die Arche gingen.
Die Tatsache, dass fast alle Menschen glauben, dass Gott persönlich die ganze Welt außer Noah und seine Familie mit einer Flut vernichtet hat, zeigt, dass fast niemand in das Angesicht Jesu schaut, um die Decke zu entfernen, die über dieser Geschichte liegt. Unbewusst vergessen die Menschen die Worte Jesu, dass niemand zum Vater kommen kann, außer durch die Offenbarung, die im irdischen Leben Jesu gegeben wurde. Sie lassen nicht zu, dass diese Offenbarung ihnen die Geschichten vermittelt, die auf einen gewalttätigen Gott hinzuweisen scheinen, der persönlich Strafen verhängt.
Mit diesem fünften Werkzeug ist ein sechstes Werkzeug verbunden, das wir anhand der Zerstörung von Sodom erörtert haben. Die Engel, die gesandt wurden, um die durch die menschliche Sündhaftigkeit verursachten Winde des Unheils aufzuhalten, werden schließlich beauftragt, den Ort zu verlassen, den sie einst beschützt haben, weil die Menschen Gott beharrlich widerstehen. Die Anwesenheit der Engel hält die bösen Auswirkungen der Menschheit auf Erden zurück, aber wenn die Engel schließlich beiseitetreten, werden die Auswirkungen der Sünde dazu führen, dass die Erde ihre Bewohner ausspeit.
Das bringt uns zum siebenten Werkzeug in unserem Werkzeugkasten, das eine Erweiterung des dritten Werkzeuges ist, welches uns die Verderbtheit und Finsternis im Menschen zeigt. Das siebte Werkzeug deckt die Unfähigkeit des Menschen auf, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. In Kapitel zehn haben wir die menschliche Eigenschaft der Projektion untersucht, die in ihrer negativen Form ein Mittel ist, mit dem der Mensch seine eigenen negativen Elemente auf Gott projiziert.
Das Wort Gottes hat die Fähigkeit, die Gedanken und Absichten des Herzens zu erkennen (Hebräer 4,12), und kann daher den menschlichen Charakterzug der Projektion diagnostizieren. Das tut es, indem es die Projektion entlarvt, und zwar durch die Art und Weise, wie die beiden Spiegel arbeiten, um die Seele zu retten. Um zu veranschaulichen, wie Gott den Spiegel benutzt, um die Sündhaftigkeit des Menschen bis zu dem Punkt zu vergrößern, an dem sie deutlich sichtbar wird, haben wir die Geschichte über Adam angeschaut und untersuchten, wie Gott mit ihm nach seinem Sündenfall umging, als Er sagte: „Nun ist der Mensch geworden wie wir, weil er Gut und Böse erkennen kann.“. Wenn die Menschen dann in den Spiegel des Lebens Christi schauen, wird der Kontrast sofort sichtbar und der Moment der Abrechnung ist gekommen. Der Geist Gottes überführt die Seele in der Person Christi von der Gerechtigkeit, und die Seele übergibt sich der Gnade Gottes, ohne Werke, und wird so durch Glauben gerecht.
Wir müssen noch klären, wie dieser Prozess im Alten Testament ablief, da die Menschen in dieser Zeit noch nicht die Offenbarung des irdischen Lebens Jesu hatten. Sie waren abhängig von dem Geist Christi, der in ihnen war (1.Petrus 1,11), (auch symbolisiert durch das Prinzip des Samens der Frau, 1.Mose 3,15), um sie zur Gnade zu führen. Aber wir werden später darauf zurückkommen.
Das Prinzip der Projektion kann auch als ein Prinzip der Anpassung verstanden werden. So haben es viele Bibelwissenschaftler verstanden. Dieses Prinzip besagt, dass Gott die Verantwortung für das übernimmt, was Er zulässt. Mit anderen Worten: Wenn es heißt, dass Gott handelt, so bedeutet das in Wirklichkeit, dass Gott dem Menschen die Folgen seiner eigenen Entscheidungen gewährt. Ein Bibelwissenschaftler hat es so ausgedrückt:
„In der Sprache der Heiligen Schrift wird manchmal von natürlichen Folgen gesprochen, als wären sie vorherbestimmte und unumstößliche Dekrete. Was der Allmächtige im gewöhnlichen Lauf Seiner Vorsehung lediglich zulässt, wird so beschrieben, als sei es durch ein besonderes und unabwendbares Eingreifen Seiner eigenen Hand eingetreten. Das ist eine dem hebräischen Idiom eigentümliche Schreibweise, die sich sowohl im Neuen als auch im Alten Testament überall durchsetzt. Wenn die heiligen Verfasser Gott so darstellen, dass Er „die Augen der Menschen verblendet, damit sie nicht sehen, und ihre Herzen verhärtet, damit sie nicht verstehen“, dann bedeutet das im Allgemeinen, dass Er nicht mit Macht eingreift, um jene Übel zu verhindern, die die natürlichen Früchte unserer eigenen Torheit, Verderbtheit und Unbußfertigkeit sind.“ (John Goodge Foyster, Predigten, 1826)
Die Einschränkung, Dinge auf diese Weise auszudrücken, besteht darin, dass die zugrunde liegende Realität (dass Menschen diese Dinge auf Gott projizieren und Ihn für ihre Handlungen verantwortlich machen) nicht angesprochen wird. Indem Gott sagt, dass Er „die Augen verblendet“ und „die Herzen verhärtet“, verdeutlicht Er den menschlichen Charakterzug, die Schuld ihrer eigenen Selbsttäuschung auf Gott zu projizieren.
Das achte Werkzeug ist, wie die beiden Spiegel in den Konzepten des Alten und des Neuen Bundes ausgedrückt werden, die zwei verschiedene Beziehungsarten zwischen Mensch und Gott darstellen. Der Alte Bund ist der Dienst des Todes, um uns in unserem natürlichen Spiegel das wahre Ausmaß unserer Verderbtheit zu offenbaren. Paulus beschreibt dieses Werk als herrlich (2.Korinther 3,9), aber wie viel herrlicher ist das Wirken des Geistes, der uns überströmt, wenn wir in den Spiegel Christi schauen, der das Bild des unsichtbaren Gottes ist.
Das bringt uns zum Gipfelpunkt dieses Buches, der das ist, was ich als Spiegelprinzip bezeichnet habe. Es ist der Gebrauch dieser beiden Spiegel, die in der Bibel beschrieben werden, um einen Menschen zurück in den Schoß des Vaters zu bringen und heraus aus der menschlichen Finsternis und dem falschen Verständnis über Gottes kostbaren Charakter. Diese beiden Spiegel, wie sie in den beiden Bündnissen offenbart werden, waren für mich die Türöffner, um die Decke über meinem Verständnis zu lüften, wenn ich das Alte Testament lese.
Wenn wir die Geschichten des Alten Testaments lesen, offenbart der Dienst des Todes unsere inneren Gedanken darüber, was wir Gott alles zuschreiben. Wir sind durch unsere verdrehte Natur alle dazu veranlagt zu glauben, dass Gott die Welt vernichtet und Millionen von Seelen in der Sintflut ausgelöscht hat. Aber Gott weiß, wie wir sind und wie wir denken, und Er kann uns auf sanfte Weise unsere Schlechtigkeit vor Augen führen, bis wir an uns selbst verzweifeln, und uns gleichzeitig ermutigen, zu Seinem Sohn zu kommen, der die kostbare Antwort auf unser Problem ist. Durch Ihn können wir das Angesicht Gottes sehen.
Es ist ein heikler Prozess, denn die Mehrheit der Menschen ist nicht bereit, die Diagnose zu akzeptieren, sondern projiziert weiterhin ihre Verderbtheit auf andere und auf Gott - das ist die schreckliche Verhärtung des menschlichen Herzens. Hier halten wir inne und staunen über die Realität der Worte Christi, dass der Weg schmal ist, der zum ewigen Leben führt, und es nur wenige sind, die ihn finden werden. Die Kluft zwischen den beiden Spiegeln ist ein kleiner Schritt für den Einzelnen, doch er erweist sich als ein zu großer Schritt für die Mehrheit der Menschheit.
Ich stelle dir also acht Dinge aus unserem Werkzeugkasten vor, bevor ich zum neunten Werkzeug komme, dem erhabensten und atemberaubendsten Prinzip von allen, und dem wir alles verdanken.
Werkzeuge |
Bibelnachweis |
1. Die Zuneigung und Zärtlichkeit Gottes, die sich in familiären Beziehungen offenbart. |
Sprüche 17,6; 30,19; Matthäus 3,17; Epheser 5,22-24; Jeremia 9,23.24; Epheser 1,6 |
2. Die vollständige Offenbarung des Charakters des Vaters im Leben Jesu Christi, wie sie auf Erden offenbart und in den vier Evangelien des Neuen Testaments niedergeschrieben wurde. |
Johannes 5,19.30.43; 14,6.9; 17,4.6; Hebräer 1,3.4; Kolosser 1,15; 2. Korinther 3,14 |
3. Die Feindschaft des menschlichen Herzens gegenüber Gott, die zu einer absichtlichen Entstellung Seines Charakters führt. |
Römer 3,10-18; Römer 8,7; Jesaja 55,8.9 |
4. Die zwei Spiegel. Christus als Spiegel des Charakters des Vaters versus dem Spiegel von uns selbst, wenn wir versuchen, außerhalb von Christus direkt auf Gott zu schauen. |
2. Korinther 3,18 |
5. Die menschliche Sündhaftigkeit verflucht die Erde, was dazu führt, dass die Erde ihre Bewohner ausspeit. |
1. Mose 4,13; 3. Mose 18,25; Jesaja 24,4-6
|
6. Der Schutz der Engel |
Psalm 34,7; Hebräer 1,14; Hiob 1,10 |
7. Die Eigenschaft des Menschen, das Böse in sich selbst auf andere und insbesondere auf Gott zu projizieren. |
Psalm 50,21 |
8. Die Verwendung der zwei Spiegel im Rahmen der beiden Bündnisse, die als Dienst des Todes und Dienst der Gerechtigkeit bezeichnet werden. |
2. Korinther 3,7-18 |
Das neunte Werkzeug haben wir in Kapitel 14 anhand der Geschichte von Sodom erklärt. Die Offenbarung sprach davon, dass Christus in Sodom geistig gekreuzigt wurde. Wir entdeckten, dass Christus, der jedem Menschen auf dieser Welt das Leben schenkt, persönlich all das Leid und den Schmerz fühlt, den der Mensch empfindet. In Jesaja 63,9 haben wir gelernt, dass Christus in all unserer Bedrängnis leidet und dass Er unsere Schmerzen getragen hat (Jesaja 53,4). Die wörtliche hebräische Übersetzung macht diese Verbindung zu uns noch konkreter: „Gewiss, Er hat unsere Krankheiten getragen und unsere Schmerzen, Er hat sie auf sich genommen." (NLT)
Damit jeder von uns die Möglichkeit hat zu erkennen, wie sündhaft wir sind, ist Christus gezwungen, Sein Kreuz zu tragen und jede Sünde zu ertragen, die wir Gott und anderen gegenüber begehen. Christus muss jede verdorbene Tat miterleben, und das verursacht Ihm unermessliches Leid, denn Er ist sanftmütig und von Herzen zartfühlend.
Wenn wir einen Moment innehalten und an die Milliarden Seelen auf dieser Welt denken und daran, wie viel Leid es gibt, dann können wir erahnen, wie sehr Christus leidet. Christus wird jeden Tag aufs Neue gekreuzigt (Hebräer 6,6) durch die Sünden, die die Menschen begehen. Wenn wir daran denken, wie viel Selbstverleugnung Jesus für uns erdulden muss, dann sollten wir vor Bewunderung über diese selbstlose Liebe zu uns weinen.
Doch egal, was passiert, Jesus wird uns nie verstoßen. Er wird uns nie verlassen noch aufgeben; Er ist bei uns alle Tage bis an der Welt Ende. Doch um das zu tun, muss Er jeden Tag die Sündhaftigkeit der gesamten Menschheit erleiden.
Um der Realität dieses Kreuzes zu entgehen, eines Kreuzes, das offenbart, dass Christus von Grundlegung der Welt an geschlachtet wurde, projiziert die menschliche Rasse die Katastrophen, die die Menschheit heimsuchen, auf Gott. Wie wir in der Geschichte von Sodom gesehen haben, denken wir automatisch, dass Gott die Bewohner dieser Stadt mit eigener Hand vernichtet hat. Das tun wir, damit wir nicht sehen müssen, wie sehr Gott und Sein Sohn unter dem Verlust einer einzigen menschlichen Seele leiden.
Für den sündigen Menschen ist es lebenswichtig zu glauben, dass Gott die Menschen von Sodom zu Schutt und Asche verbrannt hat, um den Lichtglanz der Leiden Christi zu verschleiern, der in Sodom geistig gekreuzigt wurde. Deshalb verlangen Menschen die Decke, wenn sie die gewalttätigen Geschichten des Alten Testaments lesen, denn würde diese Geschichte in ihrem wahren Rahmen erzählt, würden wir nur Christus sehen, den Gekreuzigten (1.Korinther 2,2).
Lieber Leser, ich appelliere an dich, dass du zulässt, dass der Geist Jesu dieses Licht in deinen Verstand bringt. Lass das wahre Kreuz Christi zu dir kommen und erkenne die unaussprechliche Schönheit des Charakters Gottes, wie er sich in Christus offenbart hat. Wenn wir diese Wahrheit erkennen, werden wir in dasselbe Bild verwandelt werden, nämlich vom Geist des Herrn (2.Korinther 3,18).
Fassen wir also die neun Werkzeuge, die wir betrachtet haben, in wenigen Worten zusammen.
- Familie
- Evangelium Charakter
- Feindschaft
- Zwei Spiegel
- Erde Fluch
- Schutz der Engel
- Projektion
- Zwei Bündnisse als Rahmen
- Wahres Kreuz
Dies sind Werkzeuge oder Prinzipien, die wir anwenden, wenn wir alttestamentliche Geschichten betrachten, in denen Gott als gewalttätig und zerstörerisch dargestellt wird.
Es braucht Zeit, um den Umgang mit diesen Werkzeugen zu lernen und zu erkennen, welche davon auf welche Geschichten zutreffen. Jedes dieser Werkzeuge ist ein Prinzip, das in der Heiligen Schrift durchgängig dargestellt wird. Um einen anderen Vergleich zu verwenden, sind diese Werkzeuge wie Instrumente in einem Flugzeug. Wenn Gott anders zu sein scheint als Jesus, dann ist das so, als würde man in die Wolken fliegen und eine räumliche Desorientierung erleben: Ganz automatisch wollen wir uns dann auf unser Gefühl verlassen, um da durchzukommen, aber der erfahrene Pilot weiß, dass es viel gefährlicher ist, sich auf seine eigene Wahrnehmung zu verlassen als seinen Instrumenten zu vertrauen, die ihn durch die Wolken hindurchbringen.
Wir wollen uns mehrere Geschichten ansehen und dabei diese Werkzeuge/Prinzipien anwenden, bis es einfacher wird zu erkennen, wie sie funktionieren.
Wenden wir uns nun der Geschichte zu, in der Gott Abraham befahl, seinen Sohn zu opfern.
Wir werden die weiteren Kapitel dieses Buches nach und nach veröffentlichen, sobald sie fertig übersetzt sind.
Das englische Original: Mirror Principle
Anmerkung:
Der Autor Adrian Ebens hat in seinem neuen Buch „Das Spiegelprinzip“ (Mirror Principle) vorwiegend die englische Bibelübersetzung „New Living Translation (NLT)“ benutzt. Um dem in unserer deutschen Übersetzung zu entsprechen, haben wir vorwiegend aus den deutschen Bibelübersetzungen „Hoffnung für Alle“ und aus der „Gute Nachricht Bibel 2018“ zitiert, und auch einige andere Bibelübersetzungen benutzt. Die jeweils benutzte Version ist immer hinter der Bibelvers-Angabe angeführt.
Abkürzungen:
HFA – Hoffnung für Alle
GN – Gute Nachricht Bibel 2018)
Schlachter – Schlachter 2000
[1] Siehe Kapitel 4 des Buches „Versöhnung“. Erhältlich unter vaterderliebe.de für weitere Einzelheiten zu diesem Thema.