Vater der Liebe

Das Spiegelprinzip - Kapitel 10-12

veröffentlicht Okt 17, 2023 in Die Liebe Gottes
Übersetzt von Franziska Bunkus, editiert von Jutta Deichsel
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Kapitel 10 - Verantwortung übernehmen

Wenn du im Internet nach „Verantwortung für dein Handeln übernehmen“ suchst, bekommst du eine Fülle von Links zu Vorträgen und Materialien, wie du das machen kannst. Die Tatsache, dass so viel darüber geschrieben wurde, zeigt, dass es den Menschen äußerst schwer fällt, Verantwortung zu übernehmen. Warum?

Das geht zurück bis in den Garten Eden, als Adam gefragt wurde, warum er die Frucht von dem Baum genommen hatte, von dem ihm verboten worden war zu essen.

Da sprach Er: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du etwa von dem Baum gegessen, von dem Ich dir geboten habe, du solltest nicht davon essen? Da antwortete der Mensch: Die Frau, die Du mir zur Seite gegeben hast, die gab mir von dem Baum, und ich aß! (1.Mose 3,11.12 Schlachter)

Anstatt seinen Fehler einzugestehen und um Vergebung zu bitten, schiebt Adam die Schuld für sein Handeln auf seine Frau und auch auf Gott. Das erinnert mich an die Geschichte eines jungen Mannes, der bei einem Sportspiel jemanden mit einem Schneeball traf. Als er zur Rede gestellt wurde sagte er: „Wenn der Schnee nicht da gewesen wäre, wäre das nie passiert!“

Die Standardlösung für die Menschheit besteht darin, ihr Problem auf andere zu projizieren und sie dafür verantwortlich zu machen, insbesondere wenn Angst im Spiel ist. Projektion ist wie folgt definiert worden:

Die psychologische Projektion ist ein Abwehrmechanismus der Andersartigkeit in Bezug auf „innere“ Inhalte, die fälschlicherweise von einem „äußeren“ Anderen stammen sollen. Sie bildet die Grundlage der Empathie durch die Projektion von persönlichen Erfahrungen, um die subjektive Welt eines anderen zu verstehen. In ihren bösartigen Formen handelt es sich um einen Abwehrmechanismus, bei dem das Ego sich gegen nicht anerkannte und hochgradig negative Teile des eigenen Selbst wehrt, indem es deren Existenz in sich selbst leugnet und sie anderen zuschreibt, was zu Missverständnissen führt und unsägliche zwischenmenschliche Schäden verursacht.[1]

Wir sehen, wie dieses Prinzip von Adam auf Kain übergeht, denn als Kain aufgefordert wird, den Tod seines Bruders zu erklären, tut er zunächst so, als wüsste er nichts davon. Er versucht, das Thema einfach zu verdrängen.

Im vorigen Kapitel haben wir gesehen, wie Kain die Worte Gottes verdrehte und es so darstellte, als sei Gott der Aggressor und Bestrafende. Gott sagte Kain, dass seine Taten ihre eigenen Konsequenzen nach sich ziehen und der Erde Schaden zufügen würden. Kain projizierte diese Konsequenzen auf Gott und gab Ihm die Schuld für das Leid, das er nun ertragen musste. Aber damit war sein Schuldspiel noch nicht zu Ende.

»Ach, Gott, Du verstößt mich von dem Land, das ich zum Leben brauche. Noch dazu muss ich mich vor Dir verstecken! Heimatlos werde ich von nun an umherirren, und wenn mich jemand findet, wird er mich umbringen!« (1.Mose 4,14 HFA)

Warum äußert er die absurde Vermutung, dass jeder, der ihm begegnet, ihn umbringen will? Kain externalisiert den Mord an seinem Bruder auf alle anderen und macht sich selbst zum Opfer von genau der Tat, die er selbst begangen hat. Kain ist der Mörder, und nun, da er getötet hat, hält er alle anderen für potenzielle Mörder wie sich selbst. Er ist sich nicht bewusst, dass er aufgrund seiner eigenen Denkweise, die Mord als Lösung für Probleme ansieht, glaubt, dass die Menschen ihn töten werden; stattdessen beschuldigt er Gott, eine Situation geschaffen zu haben, die seinen Tod verursachen wird.

Wie hilfst du jemandem, der jedes Unrecht, das er tut, auf jemand anderen projiziert und sich selbst immer als Opfer hinstellt? Die Bibel deckt diese menschliche Charakteristik auf, indem sie Gott anscheinend so darstellt, als würde Er genau das tun, was der Mensch eigentlich tut.

Wir müssen bedenken, dass das Muster in der Geschichte von Kain der Same für die Ereignisse ist, die sich in der Geschichte der Sintflut abspielen.

Kain

Die Sintflut

Kain tötet Abel

Die Menschheit wird gewalttätig und bösartig vor Gott.

Der Erdboden wird durch Kains Handeln beschädigt.

Die Erde wird durch die Handlungen der Menschen auf ihr verdorben.

Kain beschuldigt Gott, ihn aus dem Land zu verstoßen.

Die Menschheit beschuldigt Gott, die ganze Welt ausgelöscht zu haben.

Kain weigert sich, die Verantwortung für Abels Tod und für den Verlust der Bodenfruchtbarkeit zu übernehmen und projiziert das Desaster auf Gott.

Die Menschheit weigert sich, Verantwortung für die Zerstörung durch die Flut zu übernehmen, und macht stattdessen Gott dafür verantwortlich und projiziert das Desaster auf Ihn.

 

Da die Bibel die geheimen Wünsche und Gedanken der Menschen aufdeckt (Hebräer 4,12), wird dieser böse Vorgang der Projektion in der Heiligen Schrift aufgegriffen.

Er sagte: »Ich will die Menschen wieder von der Erde ausrotten – und nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere auf der Erde, von den größten bis zu den kleinsten, und auch die Vögel in der Luft. Es wäre besser gewesen, wenn Ich sie gar nicht erst erschaffen hätte.« (1.Mose 6,7 GN)

Die Sprache, die Gott verwendet, zeigt, wie die Menschen über die Geschichte der Sintflut denken. Wir entscheiden uns dafür zu glauben, dass Gott die Erde mit einer Flut ausgelöscht hat, um der Verantwortung zu entgehen, dass Gott uns selbst die Macht gegeben hat, die Erde zu zerstören.

Und die Heidenvölker sind zornig geworden, und Dein Zorn ist gekommen und die Zeit, dass die Toten gerichtet werden und dass Du Deinen Knechten, den Propheten, den Lohn gibst, und den Heiligen und denen, die Deinen Namen fürchten, den Kleinen und den Großen, und dass Du die verdirbst, welche die Erde verderben! (Offenbarung 11,18 Schlachter)

Wie verdirbt Gott diejenigen, die die Erde verderben? Indem Er sie nicht daran hindert, dass sie es durch ihre Rebellion Ihm gegenüber selbst tun.

Es ist unnötig, die Geschichte der Menschheit nachzuerzählen und wie die Menschen andere Zivilisationen vollständig vom Angesicht der Erde ausgelöscht haben. Das ist es, was im Herzen des Menschen wohnt, und es wird sich jederzeit offenbaren, wenn ihm die Gelegenheit dazu gegeben wird. Dieser menschliche Charakterzug ist in 1.Mose 6,7 beschrieben. Die Sprache berücksichtigt die Projektionsgrundsätze der Menschheit. Wenn du das erst einmal verstanden hast, wird sich deine ganze Welt verändern, wenn du die Bibel liest, und viele scheinbare Widersprüche werden sich auflösen.

Betrachten wir dazu ein sehr offensichtliches Beispiel aus dem Buch Hesekiel:

Und das Wort des HERRN erging an mich folgendermaßen: Menschensohn, richte dein Angesicht gegen Jerusalem und rede gegen die Heiligtümer und weissage gegen das Land Israel. Und sage zu dem Land Israel: So spricht der HERR: Siehe, Ich komme über dich (engl: Ich bin dein Feind); Ich will Mein Schwert aus seiner Scheide ziehen; und Ich will den Gerechten und den Gottlosen in dir ausrotten. (Hesekiel 21,6-8 Schlachter)

Vernichtet Gott die Gerechten und die Gottlosen gleichermaßen? Ist das wirklich Sein Charakter?

Wenn Gott zu Israel redet, dann sagt Er ihnen, was sie selbst denken. Er deckt ihre Gedanken auf und konfrontiert sie mit dem, was sie fürchten. Gott offenbart uns auch, wie der Mensch wirklich ist. In diesem Vers finden wir die Externalisierung des Verlangens des menschlichen Herzens. Hat es in der Geschichte der Menschheit Ereignisse gegeben, bei denen die Menschen bereit waren, die Gerechten zusammen mit den Bösen zu vernichten?

Hier ist ein Beispiel: Im Jahr 1209 sagte der päpstliche Rechtsgelehrte und Anführer des Albigenserkreuzzugs, Abt Arnaud Amalric, in Südfrankreich diese Worte, als seine Armee eine Stadt umzingelte, in der Albigenser und Katholiken zusammenlebten: „Caedite eos. Novit enim Dominus qui sunt eius” - „Tötet sie. Der Herr weiß, welche die Seinen sind”. In jenem Jahr schrieb Arnaud in einem Brief an den Papst: „Unsere Männer verschonten niemanden, ungeachtet ihres Ranges, Geschlechts oder Alters, und töteten fast 20.000 Menschen mit dem Schwert. Nach diesem großen Gemetzel wurde die ganze Stadt geplündert und niedergebrannt ...”

Die Worte von Hesekiel 21,6-8 identifizieren also die Bosheit der Menschen, die sich in Leuten wie Arnaud Amalric manifestiert hat. Aber wir heben noch einmal hervor, dass dieser menschliche Charakterzug vom Menschen externalisiert und auf Gott projiziert wird, um die Menschheit vor der Schande zu bewahren, die Verantwortung für eine solche Natur zu übernehmen, die unaussprechliche Gräueltaten verübt. Wir erinnern uns daran, wie die Jünger die Worte Jesu nahmen und so darstellten, als sei Er rassistisch und intolerant gegenüber der kanaanäischen Frau, die Jesus bat, ihre Tochter zu heilen.

Mehrere Bibelwissenschaftler haben erkannt, dass einige Aussagen in der Bibel unmöglich Seinem wahren Charakter entsprechen können. Hier ist ein Beispiel:

Wenn von Gott gesagt wird, dass Er die Herzen der Menschen verstockt (2.Mose 7-8), dass Er sie schändlichen Leidenschaften ausliefert (Römer 1,26-29), ihnen kräftige Irrtümer sendet, damit sie der Lüge glauben, dass Gott ungerecht handelt (2.Thessalonicher 2,11) - was bedeutet, dass Er gegen Seinen Charakter handelt -, so ist das unendlich weit entfernt davon, einen wirkungsvollen Impuls in Gott dem Allmächtigen zu meinen. Daß alle diese Verben - verstocken, verblenden, dahingeben, Irrtümer senden, täuschen und dergleichen - durch einen gewöhnlichen Hebraismus nur eine permissive Bedeutung haben, obwohl sie aktiv klingen, ist unbestritten. (Thomas Pierce, I, S.23-24 Ausgabe von 1658, zitiert in Jackson, The Providence of God, S.401)

Was er damit sagt, ist, dass es eine sprachliche Tatsache ist, dass Gott im alten Hebräisch als aktiv handelnd beschrieben werden kann, während Er es lediglich zulässt. Wenn die Bibel sagt, Gott habe jemanden getäuscht, bedeutet das, dass Er zuließ, dass der Mensch durch sein eigenes Handeln getäuscht wurde.

Das bringt uns zurück zu dem, was Gott zu Kain sagte.

Du hast den Acker mit dem Blut deines Bruders getränkt, deshalb stehst du unter einem Fluch und musst das fruchtbare Ackerland verlassen. Wenn du künftig den Acker bearbeitest, wird er dir den Ertrag verweigern. Als heimatloser Flüchtling musst du auf der Erde umherirren. (1.Mose 4,11.12 GN)

Gott hat nicht aktiv dafür gesorgt, dass der Acker seinen Ertrag verweigert (die Fruchtbarkeit verliert), sondern Er ließ zu, dass die Folgen von Kains Handeln die Erde beeinträchtigten, so dass die Fruchtbarkeit verloren ging. Er hätte diese Folgen verhindern können, aber Er ließ es gemäß den von Ihm aufgestellten Naturgesetzen zu.

Die beiden größten Stolpersteine, die Menschen beim Lesen des Alten Testaments haben, sind:

  1. die Weigerung oder das mangelnde Verständnis, es durch den Charakter Christi zu lesen,
  2.  und ein Abwehrmechanismus, der unsere böse Natur auf Gott projiziert.

Nun fordert unser Vater uns auf, die Verantwortung für unsere Natur zu übernehmen. Er verurteilt uns nicht dafür; wir können also aufhören, unsere Bösartigkeit auf Gott und andere zu projizieren.

 


[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Psychological_projection

 

Kapitel 11 - Der Mensch wurde wie wir

Die Geschichte von Kain gab uns ein wichtiges Muster dafür, wie Gott mit sündigen Menschen umgeht, und deckt auf, wie der Mensch seine eigenen Fehler auf Ihn projiziert. Wir wollen nun ein paar Schritte in der Genesis zurückgehen und untersuchen, wie Gott mit Adam umging, als Er ihn aus dem Garten vertrieb. Diese Geschichte enthält wichtige Informationen darüber, wie der Spiegel funktioniert.

Adam hat von der verbotenen Frucht gegessen und Gott entscheidet nun, was mit ihm geschehen soll:

Dann sagte Er (Gott): »Nun ist der Mensch geworden wie wir, weil er Gut und Böse erkennen kann. Auf keinen Fall darf er noch einmal zugreifen und auch noch von dem Baum essen, dessen Frucht Leben schenkt – sonst lebt er ewig!« Darum schickte Er ihn aus dem Garten Eden fort und gab ihm den Auftrag, den Ackerboden zu bebauen, aus dem Er ihn gemacht hatte. So kam es also, dass die Menschen aus dem Garten vertrieben wurden. An dessen Ostseite stellte Gott Cherubim mit flammenden Schwertern auf. Sie sollten den Weg zu dem Baum bewachen, dessen Frucht Leben schenkt. (1.Mose 3,22-24 HFA)

Wie war es möglich, dass Adam durch das Essen der Frucht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen wie Gott werden konnte? Wie konnte Adam durch eine ungehorsame Handlung wie Gott werden? Adams Erkenntnis des Bösen war Erfahrungswissen, wie konnte er dadurch Gott gleich werden? Das Schlimmste daran ist, dass Gottes Handeln genau das zu bestätigen scheint, was Satan Eva erzählte:

»Unsinn! Ihr werdet nicht sterben«, widersprach die Schlange, »aber Gott weiß: Wenn ihr davon esst, werden eure Augen geöffnet – ihr werdet sein wie Gott und wissen, was Gut und Böse ist.« (1.Mose 3,4.5 HFA)

Satan erzählte Eva, dass Gott sie daran hindern wolle, etwas zu bekommen, das sie Ihm gleich machen würde. Später sagte Gott, dass der Mensch wie „wir“, also wie Gott, geworden sei, und befahl ihnen, den Garten zu verlassen. Man könnte das als Bestätigung von Satans Andeutung auffassen, dass sie wie Gott werden würden und dass Gott damit nicht umgehen könne.

Was ist hier also los?

In 1.Mose 3 gibt es keinen Hinweis darauf, dass Adam seine Sünde bereut hat. Wir haben gelesen, dass Adam Gott und seine Frau für sein Handeln beschuldigte. In diesem Moment ist Adam außerhalb von Christus - das heißt, er hat nicht den Geist Christi in sich. Das Spiegelprinzip lehrt uns, dass, wenn wir außerhalb von Christus sind, Gottes Worte nur widerspiegeln können, was wir selbst denken. Das liegt daran, dass unsere Gedanken nicht Gottes Gedanken sind, und wie wir bereits festgestellt haben, „nimmt der natürliche Mensch nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit“ (1.Korinther 2,14).

Jesus erklärt:

Denn so wie ihr jetzt andere richtet, werdet auch ihr gerichtet werden. Und mit dem Maßstab, den ihr an andere anlegt, werdet ihr selbst gemessen werden. (Matthäus 7,2 HFA)

Als Adam von der Frucht aß, gewährte er Satan einen viel größeren Einfluss auf sich. Satans Worte machten für ihn absolut Sinn. Das mussten sie auch, denn entweder bereut Adam oder sein einziger vermeintlicher Ausweg besteht darin, den Worten zu glauben, die Satan durch die Schlange sprach.

Adam glaubte den Worten der Schlange, dass er wie Gott geworden war, und er glaubte auch, dass Gott das vor ihm verheimlichen wollte. Das führte ihn zu der Schlussfolgerung, dass Gott ihn daran hindern würde, im Garten zu bleiben, indem Er ihn entweder tötete oder hinauswarf.

Gottes Worte zu Adam sind in Wirklichkeit die enthüllten Gedanken Adams, denn wir haben in Kapitel 8 herausgefunden, dass das Gesetz Gottes, wenn es zu einem Menschen kommt, zuerst die Sünden des Menschen vergrößert (so dass der Mensch seine Sünde erkennen kann) und somit Gnade angewendet werden kann (Römer 5,20).

Mit den Worten „der Mensch ist geworden wie wir“ spricht Gott die Gedanken Adams aus, der es von Satan so gelehrt bekam. Als Gott Adam sagte, dass er aus dem Garten vertrieben werden müsse, sprach Er nur das Urteil aus, von dem Adam glaubte, dass Er es aussprechen würde. Gott richtete Adam so, wie Adam Gott richtete, dass Er handeln würde.

Dieses Prinzip sehen wir auch in der Geschichte von den Talenten:

Denn ich fürchtete dich, weil du ein strenger Mann bist; du nimmst, was du nicht eingelegt, und erntest, was du nicht gesät hast. Da sprach er zu ihm: Nach dem Wort deines Mundes will ich dich richten, du böser Knecht! Wusstest du, dass ich ein strenger Mann bin, dass ich nehme, was ich nicht eingelegt, und ernte, was ich nicht gesät habe? (Lukas 19,21.22 Schlachter)

Der Mann mit dem einen Talent entschied sich zu glauben, dass sein Herr streng und ungerecht ist. Der Herr richtet den Mann nach seinen eigenen Gedanken und Worten. Genau das, was mit diesem Mann geschah, geschah auch mit Adam im Garten. Als Adam gefallen war, wurde er beeinflusst zu glauben, dass Gott streng ist und ihm den Baum der Erkenntnis vorenthielt. Deshalb wurde er nach seinen eigenen Gedanken gerichtet, aus dem Garten verwiesen und mit Gewalt daran gehindert, zum Baum des Lebens zu gelangen.

Bedeutet das, dass Adam im Garten hätte bleiben können, wenn er bereut hätte? Ja, aber Gott wusste: Sobald Adam von der Frucht gegessen hatte, würde Satan seine Gedanken so sehr beeinflussen, dass Adam nicht mehr in der Lage sein würde zu bereuen. Adam kannte die wahre Verderbtheit seines Herzens nicht. Es würde einige Zeit dauern, bis er mit Gottes Hilfe erkennen konnte, wie tief er gefallen war.

Nichts ist so abgründig (trügerisch) wie das menschliche Herz. Voll Unheil (Bosheit) ist es; wer kann es durchschauen? (Jeremia 17,9 GN)

Gott hilft uns, uns selbst zu durchschauen, indem Er zulässt, dass sich das, was wir denken, manifestiert, und uns dann dazu veranlasst, es mit dem Charakter Christi zu vergleichen. Dann fangen wir an, unser wahres Problem zu erkennen. Gott musste Adam das Urteil aussprechen, von dem Adam dachte, dass Gott es aussprechen würde.

Der Leser mag denken, dass Gott sicher noch eine andere Möglichkeit gehabt hätte, mit dieser Situation umzugehen. Doch eine solche Annahme unterschätzt die Feindseligkeit, die Adam in diesem Moment Gott gegenüber hegte; wie sehr muss er sich wie ein in die Enge getriebenes und bedrohtes Tier gefühlt haben. Es gab nichts anderes, was Gott ihm hätte geben können, als das, was Adam erwartete, denn der natürliche Mensch nimmt die Dinge des Geistes Gottes nicht an (1.Korinther 2,14). Der Versuch, in diesem Moment weitere Erklärungen vorzubringen, hätte Adams Herz nur verhärtet.

Einige dich mit deinem Gläubiger rechtzeitig (engl.: stimme deinem Widersacher schnell zu), solange du noch mit ihm auf dem Weg zum Gericht bist. Sonst wird er dich dem Richter ausliefern und der wird dich dem Gerichtsdiener übergeben, damit er dich ins Gefängnis wirft. (Matthäus 5,25 GN)

In diesem Moment konnte Gott seinem Widersacher nur schnell zustimmen, während Er mit Adam auf dem Weg war. Adam hatte sein Urteil über Gottes Charakter abgegeben, und so konnte Gott nichts anderes tun, als ihn dem Gerichtsdiener zu übergeben, um ihn aus dem Garten zu werfen (Matthäus 5,25).

Obwohl Gott Adams Gedanken mit den Worten ansprach: „Der Mensch ist geworden wie wir, er weiß, was gut und böse ist”, hatte Gott in diesen Worten eine Botschaft für Adam, die sich ganz anders bewahrheiten sollte als das, was Adam darin verstand. Gott hatte sich schon vor der Erschaffung des Menschen mit Satan auseinandergesetzt und mit Wahrheit und Langmut auf Satans falsche Darstellungen Gottes gegenüber den Engeln geantwortet. Nachdem Adam gesündigt hatte, musste er nun mit Hilfe von Christus auf eine viel tiefere und kompliziertere Weise mit Satan kämpfen, die Gottes Erfahrung mit Satan sehr viel ähnlicher war als die ursprüngliche Gehorsamsprüfung. Adam würde das Evangelium fast tausend Jahre lang predigen müssen und ständig abgelehnt, verspottet und angegriffen werden. Nur auf diese Weise wurde er wie „wir” - Gott und Sein Sohn -, die sechstausend Jahre lang ständig abgelehnt, verspottet und angegriffen wurden. Aber als Adam diese Worte hörte und den Garten verließ, wusste er nicht, dass dies sein Schicksal sein würde.

Das Spiegelprinzip zur Erklärung dieses Textes zu verwenden fühlt sich zunächst sehr destabilisierend an, weil es unsere natürliche menschliche Tendenz entlarvt, die Verantwortung für unser eigenes Denken und Handeln auf Gott zu projizieren. Es ist auch schwer zu akzeptieren, dass unsere Herzen so verstockt in der Sünde sind, dass Gott diese Methode anwenden muss. Es zwingt uns, unsere Vorstellungen von Gott zu überdenken und gleichzeitig eine schmerzhafte Selbstprüfung und Gewissenserforschung vorzunehmen.

Für unsere Natur fühlt es sich beruhigender an, wenn Gott Adam aus dem Garten herauswirft und Wachen aufstellt, um ihm den Zugang zum Baum des Lebens zu versperren. Das liegt daran, wie wir denken. Aber Gottes Gedanken sind nicht unsere Gedanken. Wenn du erst einmal anerkennst, dass es für Adam unmöglich war, durch eine Handlung des Ungehorsams wie Gott zu werden, dann bist du bereit, einen anderen Rahmen in Betracht zu ziehen.

Wenn Gott Adam damit bestrafte, dass Er ihn aus dem Garten vertrieb, dann ist es eindeutig, dass Gott selbst die Strafe über ihn verhängt hat. Doch die Bibel sagt das:

Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat mit Strafe zu tun; wer sich nun fürchtet, ist nicht vollkommen geworden in der Liebe. (1.Johannes 4,18 Schlachter)

Adam auf diese Weise zu bestrafen verursacht nur Furcht vor noch mehr Strafe in der Zukunft, was die Liebe in der Seele auslöscht. Bestrafung führt zu Angst, nicht zu Liebe. Liebe gewährt uns die Strafe, von der wir glauben, dass wir sie verdienen, in der Hoffnung, dass wir dann auf Christus schauen und leben können. Liebe erlaubt uns, die Wahrheit über uns selbst, über unsere Handlungen und deren Konsequenzen zu erkennen.

Es ist zu erwarten, dass viele Leser das einfach nicht akzeptieren und an der Lüge festhalten werden, dass Gott Adam zur Strafe aus dem Garten vertrieben und wie ein Mensch gehandelt hat, indem Er Wachen aufstellte, um Adam fernzuhalten. Ist es nicht an der Zeit zu erkennen, dass Gott Adam einfach nur das Urteil sprach, von dem er dachte, dass Gott es sprechen würde? Nur das würde Adams Gerechtigkeitsempfinden befriedigen und damit eine Grundlage für seine spätere Reue schaffen.

 

Kapitel 12 - Der Dienst des Todes

Kannst du dir das traurige Gesicht Adams vorstellen, siehst du, wie er den Arm um seine geliebte Frau schlingt, um ein wenig Trost zu finden, während er seinen geliebten Garten verlässt? Wie sich später bei seinem Sohn Kain herausstellte, war Adam zum Teil versucht zu glauben, dass die Strafe größer war, als er ertragen konnte, und zum Teil war er versucht zu glauben, dass seine Schuld größer war, als dass sie ihm vergeben werden konnte. Diese beiden Wahrnehmungen zeigen sich in den beiden möglichen Bedeutungen von 1.Mose 4,13.

Und Kain sprach zum HERRN: Meine Strafe ist zu groß, als dass ich sie tragen könnte! (1.Mose 4,13 Schlachter)

Meine Sünde ist größer, denn dass sie mir vergeben werden möge. (1.Mose 4,13 Luther 2017)

Kains Gefühle sind eine Manifestation des Samens, der in seinem unbekehrten Vater steckte, bevor dieser vollständig bereute.

Wenn wir außerhalb von Christus sind, können wir - wie die Kinder Israels - nicht in das Gesicht von Mose schauen, weil die Herrlichkeit zu groß ist. Wir können den Charakter Gottes nicht erkennen. Mit dieser Decke vor unseren Augen müssen wir durch den Dienst des Todes gehen.

Wenn aber der Dienst des Todes durch in Stein gegrabene Buchstaben von solcher Herrlichkeit war, dass die Kinder Israels nicht in das Angesicht Moses schauen konnten wegen der Herrlichkeit seines Antlitzes, die doch vergänglich war, wie sollte dann nicht der Dienst des Geistes von weit größerer Herrlichkeit sein? (2.Korinther 3,7.8 Schlachter)

Der Dienst des Todes entlarvt den fleischlichen Geist im Menschen. In diesem Zustand ist der wahre Charakter Gottes durch die Decke unserer sündigen Natur verborgen. In 2.Korinther 3,7 sehen wir, dass der Dienst des Todes dann tätig wird, wenn wir nicht beständig in die Herrlichkeit von Gottes Charakter schauen können. Die Herrlichkeit auf dem Gesicht Moses war ein Spiegelbild von Gottes Charakter. Der Dienst des Geistes wird tätig, wenn die Decke, die Gottes wahre Herrlichkeit verdeckt, entfernt wird.

Aber ihre Gedanken wurden verstockt; denn bis zum heutigen Tag bleibt beim Lesen des Alten Testamentes diese Decke unaufgedeckt, die in Christus weggetan wird. (2.Korinther 3,14 Schlachter)

Der Dienst des Todes findet statt, wenn die Menschen das Angesicht Gottes ohne Christus betrachten und somit nur sich selbst in Seinem Angesicht sehen, weil wir denken, Gott sei wie wir. Wenn wir an den Namen oder den Charakter Jesu glauben und Sein Angesicht ständig betrachten, dann kann der Dienst des Geistes anfangen, uns zu verwandeln.

… der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes; denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig. (2.Korinther 3,6 Schlachter)

Der Dienst des Geistes ist der Neue Bund. Der Dienst des Todes ist demnach der Alte Bund. Der Neue Bund ist die Aufdeckung des wahren Charakters Gottes und ist viel herrlicher als der Alte Bund, der den Charakter des Menschen offenbart. Es ist ein herrliches Werk, wenn uns unsere böse Natur offenbart wird, damit wir Buße tun, aber es ist noch viel herrlicher, wenn wir dann den Kontrast im Charakter Gottes erkennen.

In diesem Rahmen lesen wir die Bibel völlig anders, wenn wir uns im Dienst des Todes befinden, als wenn wir uns im Dienst des Geistes befinden.

Denn wer nur Hörer des Wortes ist und nicht Täter, der gleicht einem Mann, der sein natürliches Angesicht im Spiegel anschaut; er betrachtet sich und läuft davon und hat bald vergessen, wie er gestaltet war. Wer aber hineinschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit und darin bleibt, dieser Mensch, der kein vergesslicher Hörer, sondern ein wirklicher Täter ist, er wird glückselig sein in seinem Tun. (Jakobus 1, 23-25 Schlachter)

Die Bibel im Dienst des Todes zu lesen bedeutet lediglich Hörer der Bibel zu sein, aber kein Täter. Alles, was die Bibel im Dienst des Todes tun kann, ist, dir Gott als tyrannische Tötungsmaschine vorzustellen, die eine gewisse Fähigkeit zur Barmherzigkeit hat, wenn es ihr passt. Das liegt daran, dass wir alle von Natur aus so sind.

Kein Mensch hat Einsicht und fragt nach Gottes Willen (engl: sucht Gott). Alle haben den rechten Weg verlassen; verdorben sind sie alle, ausnahmslos. Niemand ist da, der Gutes tut, nicht einer. Ihre Worte bringen Tod und Verderben, von ihren Lippen kommen böse Lügen, tödlich wie Natterngift sind ihre Reden. Nur Fluch und Drohung quillt aus ihrem Mund. Rücksichtslos opfern sie Menschenleben. Wo sie gehen, hinterlassen sie Trümmer und Elend. (Römer 3,11-16 GN)

Wie wir bereits besprochen haben, projiziert unsere natürliche menschliche Natur unerwünschte Eigenschaften, die in uns existieren, auf Gott. Wenn wir das Alte Testament ohne die Vermittlung von Gottes Charakter lesen, wird die Bibel uns Gott nur so präsentieren, wie wir in Wirklichkeit sind. Das ist der Grund, warum Männer wie Richard Dawkins und Bill Maher Gott für einen rücksichtslosen, genoziden Wahnsinnigen halten. Das ist ein eindeutiger Beweis dafür, dass das fleischliche Herz seine eigene Natur auf Gott projiziert.

Die Bibel ist wunderbar geschrieben, um uns im Dienst des Todes zu zeigen, wie wir wirklich sind. Wenn wir glauben, dass Gott die Menschen richtet, verurteilt und vernichtet, dann wird sich unsere eigene Natur beim Anblick dieses Bildes schneller offenbaren, und wenn wir dann an dem Punkt sind, an dem unsere Sünde überfließt, versucht unser Vater im Himmel, uns den sanftmütigen und bescheidenen Jesus als Kontrast zu präsentieren und bittet uns, Seinen Sohn und Seinen Charakter zu betrachten, und lädt uns ein, von Ihm zu lernen, damit wir uns durch Seinen Geist ändern und Ihm gleich werden.

Der beste Weg, das Spiegelprinzip zu lernen, besteht jetzt darin, es auf verschiedene biblische Geschichten anzuwenden. Wir müssen sie durch den Dienst des Todes betrachten und unsere Natur erkennen, und dann müssen wir die Geschichte durch den Dienst des Geistes betrachten, was nichts anderes bedeutet, als sie durch den Charakter Christi anzuschauen und zu sehen, dass diese Geschichten die Verwirrung auflösen, in der Gott hart und unbarmherzig erscheint.

 

Wir werden die weiteren Kapitel dieses Buches nach und nach veröffentlichen, sobald sie fertig übersetzt sind.

Das englische Original: Mirror Principle

Anmerkung: 

Der Autor Adrian Ebens hat in seinem neuen Buch „Das Spiegelprinzip“ (Mirror Principle) vorwiegend die englische Bibelübersetzung „New Living Translation (NLT)“ benutzt. Um dem in unserer deutschen Übersetzung zu entsprechen, haben wir vorwiegend aus den deutschen Bibelübersetzungen „Hoffnung für Alle“ und aus der „Gute Nachricht Bibel 2018“ zitiert, und auch einige andere Bibelübersetzungen benutzt. Die jeweils benutzte Version ist immer hinter der Bibelvers-Angabe angeführt.

Abkürzungen:

HFA – Hoffnung für Alle

GN – Gute Nachricht Bibel 2018)

Schlachter – Schlachter 2000

Luther – Luther 1912